Christian Detlev von Reventlow
Bild aus: Berlage, Altona. Ein Stadtschicksal
Christian Detlev Graf von Reventlow kam 1671 in Hadersleben in Nordschleswig als Sohn des dänischen Großkanzlers Conrad von Reventlow in dessen erster Ehe mit Anna Margarete von Gabel zur Welt.
Der Adlige absolvierte eine militärische Ausbildung und nahm am Großen Nordischen Krieg um die Vorherrschaft im Ostseeraum und am Spanischen Erbfolgekrieg teil. Auch kommandierte er dänische und österreichische Truppen in Italien. Nachdem er verwundet worden war und 1706 eine schwere Niederlage erlitten hatte, kehrte er 1709 in seine Heimat zurück und führte im selben Jahr noch einmal als General die dänischen Truppen im damals zu Dänemark gehörigen Südschweden an.
Danach beendete er seine militärische Karriere und betätigte sich in der Verwaltung seiner Geburtsstadt Hadersleben. Er hatte sich als Diplomat, Offizier und Verwaltungsfachmann bewährt, er galt als tatkräftig und unbestechlich.
Seit 1700 war er mit Benedikta Margarethe von Brockdorff verheiratet. Das Paar hatte elf Kinder.
„Neugründer Altonas“ nach dem „Schwedenbrand“ (1713)
Am 16. März 1713 ernannte der dänische König Friedrich IV. seinen Schwager Graf von Reventlow zum Oberpräsidenten der nach dem „Schwedenbrand“ zu zwei Drittel zerstörten Stadt Altona, mit Zuständigkeit auch für die benachbarten pinnebergischen Gemeinden Ottensen und Neumühlen.
Reventlows erster und kluger Schritt war, den erst 32 Jahre alten Claus Stallknecht(1681–1734) zum Stadtbaumeister zu berufen,
„da in unserer Stadt Altona die Häuser sehr unordentlich aufgebaut gewesen und viele Gassen sehr schmal, ungerade und mit vielen Absätzen angelegt worden.“
Christian Detlev Graf von Reventlow
Stallknecht beaufsichtigte den Wiederaufbau Altonas unter Beibehaltung des alten Straßengrundrisses und ließ zunächst hundert Häuser aus Stein (statt wie zuvor als strohgedeckte Buden in Fachwerkbauweise), ein Gerichtsgebäude, ein Gefängnis und eine Steuerzahlstelle erbauen.
Die Breitestraße nach dem Wiederaufbau, Bild aus: Berlage, Altona.
Ein Stadtschicksal
Reventlow säuberte die Verwaltung und ordnete die Beamtenkompetenzen; im Februar 1714 entließ er die bisherigen Magistratsmitglieder „wegen Unfähigkeit, Korruption und Trunksucht“.
Der Schiffsanleger an der Elbe wurde wieder errichtet, 1715 der Rathaus- und der Fischmarkt erweitert und 1716 bis 1721 das von Stallknecht im barocken Stil entworfene Rathaus Altona gebaut. Altonas einstige Prachtstraße, die Palmaille, rettete Reventlow vor dem Ausverkauf – die Grundeigentümer wollten die Straße in Bauplätze aufteilen und sie verkaufen – und ließ sie als „publike Allee“ für die Öffentlichkeit mit Linden bepflanzen und beidseitigen Fahrwegen versehen.
Bahnhof und Palmaille 1855, Lithographie Wilhelm Heuer
Reventlow galt als Verwaltungsmodernisierer und Wirtschaftsförderer, der für seine Zeit außergewöhnliche Neuerungen einführte: Gemeinsam mit Stallknecht etablierte er eine Art städtische Bauplanung und -aufsicht, begünstigte Bauherren steuerlich und führte eine Genehmigungspflicht für Neubauten ein.
Baufluchten wurden festgelegt und ein Grundbuch für Altona eingerichtet. Für Müllabfuhr und Straßenreinhaltung beauftragte Reventlow einen privaten Fuhrmann, die Kosten trug die Stadtkasse. Eine Gebäudeversicherung bei der städtischen Brandkasse wurde Pflicht. Eine privat betriebene Brunnengesellschaft wurde gegründet und von der Stadt beauftragt, die hygienischen Verhältnisse zu verbessern. Reventlow führte die Meldepflicht für Stadtfremde und die Polizeistunde ein, auch ein geregelter Postverkehr wurde eingerichtet.
Die Altonaer Wirtschaft boomte unter der dänischen Verwaltung, die folgenden Jahrzehnte galten als die Blütezeit der Stadt. Der dänische König bekräftigte Religions-, Handels-, und Gewerbefreiheit für die Stadt Altona und hob in Altona alle Handelsmonopole und Zünfte auf. Exporte in das dänische Kernland und die Herzogtümer Holstein und Schleswig blieben weitgehend zollfrei, Einfuhren über den Altonaer Hafen wurden begünstigt. Das erwies sich als Motor der Wirtschaftsförderung und entsprach dem dänischen Plan, Altona im Kampf um die Herrschaft an der Elbe gegen den Konkurrenten Hamburg zu fördern.
Für Reventlow war die Infrastruktur öffentliche Aufgabe; unter seiner Regierung wurden Straßen und Gassen neu gepflastert, ein neues Hafenbecken, der „Holzhafen“, angelegt und eine Lateinschule, das spätere „Christianeum“ errichtet.
Schon 1720 zählte Altona wieder um die 12.000 Bewohner, so viele wie vor dem „Schwedenbrand“ 1713.
Altonaer Holzhafen, um 1920, Foto: Stiftung Historische Museen Hamburg – Altonaer Museum
Das Reventlowsche Armenstift
Aus seinem Privatvermögen stiftete Reventlow Geld für ein Armenstift. 1718 wurde ein Komplex aus Waisenhaus, Armenwohnungen und einer kleinen Kapelle (ab 1745 Heiliggeistkirche genannt) auf dem Gelände der heutigen Grünanlage Behnstraße/ Struenseestraße fertiggestellt. Vierzig arme Familien und eine Reihe Waisenkinder fanden hier ein Dach über den Kopf. Die Stiftswohnungen wurden 1892 abgebrochen und an der heutigen Bernstorff-/Thadenstraße in Altona-Altstadt neu erbaut. Das jetzige Altenwohn- und -pflegeheim trägt immer noch den Namen „Reventlow-Stift“.
Als namenhafte Bürger, die für das Armenstift gespendet hatten, ein Miteigentumsrecht beanspruchten und in der Altonaer Oberschicht zunehmend Unzufriedenheit mit seinem autokratischen Führungsstil aufkam, gab Oberpräsident Reventlow sein Amt 1732 auf. Sechs Jahre später starb er.